Auf der Lebensader Südostasiens

Acht Jahre ist er alt, der jüngste von uns allen. Mit der Grösse und dem Gewicht übertrifft er aber jeden einzelnen. Über 38 Meter lang und 200 Tonnen schwer. Toum Tiou II unser Zuhause und Transportmittel für die nächste Woche. Der Fluss auf dem wir schippern, fliesst durch sechs Länder. Über 60 Millionen Menschen aus China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha oder Vietnam leben im Einzugsgebiet des Mekongs. Er gilt mit seinen knapp 5000 Kilometern als der zehnt grösste Fluss der Welt.
Die Besatzung des Schiffs: jung, dynamisch, motiviert und aus allen Herrenländern zusammengewürfelt. Die Passagiere, eher weniger jung, nicht mehr ganz so dynamisch, selbstverständlich aber top motiviert und total interessiert. Vor allem an unserer Reise. Simu und ich werden von den herzlichen Amerikanern Stuart, Paulette und Johnny mit Fragen gelöchert.

Was als Transportmittel gedacht war, wird mehr und mehr zur Kreuzfahrt mit stressigen Landgängen. Jedenfalls für uns. Schliesslich konnten wir Vietnam bisher in einem äusserst gemächlichen Tempo entdecken. Hier gibt es jedoch Passagiere, welche lediglich eine Woche in Vietnam und Kambodscha verbringen. Trotzdem möchten sie so viel wie möglich über die beiden Länder und deren Kultur erfahren. Daraus resultiert beispielsweise ein Ausflug California region phone , bei dem man mit dem Bus herumchauffiert wird. Auf dem Berg ‚Sam‘ haben wir gefühlte 10 Minuten Zeit die Aussicht auf Vietnam und Kambodscha in vollen Zügen zu geniessen, ehe wir wieder in den Bus verfrachtet werden. Wir sind uns einig. Es ist nicht die Art, wie wir gerne ein Land kennenlernen. Die Ausflüge sind sicherlich spannend. In möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu sehen wiederspricht jedoch unseren Vorstellungen. Deshalb streichen wir, die für uns uninteressanten Landgänge oder kapseln uns ab und geniessen stattdessen lieber den Aufenthalt auf dem Schiff, blödeln mit der Crew und lernen nebenbei etwas Kambodschanisch.

Die Zeit vergeht wie im Flug. Wir bemerken gar nicht recht, wie schnell wir uns der Grenze nähern. Am vierten Tag erreichen wir bereits die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Der vierte Tag ist es auch, an dem mir Simon freudestrahlend und mit glänzenden Augen ein Tänzli in der Kabine vorführt. Seine Kamera, welche die Sanddünen Mui Nes nicht schadlos überstanden hat, scheint wieder einsatzfähig zu sein. So steht einer ersten Entdeckungstour nichts mehr im Wege. Auf der Suche nach einer Wechselstube begegnen wir Reichtum ebenso wie bitterer Armut. Kambodscha, ein Land indem Korruption und mittlerweile auch Prostitution zum Alltag gehört. Thailand galt lange Zeit als Sextourismusdestination Nr. 1. Nun begeben sich die Suchenden vermehrt nach Kambodscha. Bedenklich, jedes dritte Mädchen welches sich verkauft, ist unter 18 Jahre..

In Kambodscha wird nach wie vor vieles von Hand produziert. Ein Besuch bei einer Töpferin sorgt in der Gruppe für Diskussionen. Die Tatsache, dass sie die Töpfe seit 24 Jahren ohne Töpferscheibe herstellt und deshalb tagelang ihre Runden um den Topf dreht, ist für einige schwer zu verstehen. Man könnte ihr Leben mit wenig Aufwand erleichtern sind die Stimmen, dazu meine ich: „Manchmal geht es nur darum, Traditionen aufrecht zu erhalten“. Dass ihr Leben durch eine Töpferscheibe erleichtert würde, wage ich zu bezweifeln. Die Produktion ginge wahrscheinlich zwar schneller von statten, den Neid und die Eifersucht der anderen Töpferinnen im Dorf hätte sie aber auf sicher. Fasziniert von dieser Präzision und der Schnelligkeit verlassen wir die Töpferei.

Bald schon ist es an der Zeit Abschied zu nehmen. Und einmal mehr zeigt sich, dass Menschen welche nicht viel besitzen, gerne geben. Von den Crewmitgliedern Mitch und Thim erhalten wir kambodschanische Tücher welche hier als Kopfbedeckung benutzt werden. „Damit ihr mich nicht vergesst“, meint Thim mit einem breiten Lachen im Gesicht. Als könnten wir die Erinnerungen an eine solch herzliche und aufgestellte Person einfach löschen…

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