„Ihr seid auf der Durchreise? – Mats, deine Kunden sind da!“ – So wurden wir mit meinem Patient in Norddeutschland in Empfang genommen. Nüchtern, nur mit Wasser gefüttert. Die Krankheit begann gute zwei Wochen, bevor wir unsere Reise starteten: Leichter Schüttelfrost, abgeschlagener Kopf. Ein Teil, welcher der Rahmen meines Fahrrades zusammenhält, versagt seinen Dienst… Pünktlich auf die Abfahrt trifft das Ersatzteil bei uns ein. Kurz vor Frankfurt blockierte mein Getriebe erneut, wieder dasselbe Problem. Fortan den Rahmen mit einem Seil zusammengebunden, schleppte ich mich bis zum Hersteller nach Wesseln bei Heide. Mats, der Produktionsmitarbeiter von Böttcher kam eigens für den Einbau der Ersatzteile an einem Samstag in die Werkstatt. Offensichtlich ein Produktionsfehler – gerade am Tag vor meiner Ankunft seien die neuen Teile, diesmal aus Stahl gefertigt, eingetroffen. Während Mats nun also meinen Patient operiert, geniessen wir die Zwangspause – bevor wir wenige Stunden später das erste Mal richtig an der Nordsee stehen.




„Määääh…Möööööh…“. Während wir uns im Nachahmen der Schafe üben, müssen wir darauf achten, keine zu Überfahren. Dammschafe, welche die Grasnarbe kurz und somit die Dämme stabil halten, liegen hier überall rum. Unser Weg führt uns Mitten durch. Völlig unbeeindruckt schauen sie uns nur blöd an, während wir sie anblööcken. Von Platzmachen keine Spur – schon wieder ein paar Extrameter. Apropos Extrameter: Wer an der Nordsee unterwegs ist, sollte immer die Brückenöffnungszeiten studieren. Ganz wichtig dabei: Wochentage beachten. Bei der Zufahrt zu einer Brücke werden wir von anderen Fahrradfahrern darauf hingewiesen, dass die Brücke gerade nicht passierbar sei. Na logo, dass sehen wir ja auch. Sie ist aber wirklich nicht passierbar – bis am nächsten Tag. Wir ändern also unsere Route erneut.
Sind wir nun in Dänemark oder nicht? Offensichtlich, denn ein Nationalparksschild begrüsst uns zumindest in Dänisch. Eine Grenze? Fehlanzeige. Schafe? Hats weiterhin. Autonummern vielleicht? Die sind mehrheitlich immernoch Deutsch. Eines ist jedoch unverkennbar: Die Fahrradwege, welche schon in Deutschland gut waren, sind nun hervorragend. Teilweise fühle ich mich wie im Verkehrsgarten. Kleine Strässchen, perfekt markiert, Schilder, welche vor engeren Kurven warnen. Immer komplett abgetrennt von der Strasse – welche auch nur schwach befahren sind. Unsere Route führt uns ab sofort der Westküste Dänemarks entlang. Im ganzen Land gibts verteilt Schutzhütten, welche zum Übernachten verwendet werden können. So bleibt unser Zelt mehrheitlich verpackt, während ich die Frischluft geniesse, bleibt Marilyne der Mückenstecker.
Der erste Ruhetag in Dänemark verschlägt uns nach Esbjerg – und die vorgelagerte Insel Fanø. Doch was haben die hier für ein Anlass? Praktisch alle Unterkünfte sind bereits ausgebucht – einzig ein Zimmer in der Jugendherberge ist noch frei. Während ich mich dem weiteren Tourenverlauf widme, findet Marilyne den Grund: Das wohl grösste, internationale Drachenfestival findet statt. Was für ein Timing. Drachen, Walfische, Haie, Glückskäfer, Hexen – von allem ist etwas dabei. Bunt bedecken sie den Himmel, während wir mit unseren Fahrrädern mal ohne Gepäck über den Sand fahren und diue Blicke kaum von den verschiedenen Figuren lösen können. Auch so kann mal ein Ruhetag aussehen.







Seit wir die Küste erreichten, ist nicht nur das Checken der Regenprognose, sondern auch der Windprognose ein Teil der Tagesvorbereitung. Und die verspricht Gutes: Noch ein Tag Gegenwind, danach steht auch Aiolos, der griechische Windgott auf unserer Seite. Es bläst uns in den folgenden Tagen förmlich in den Norden, vorbei an wunderschönen Küsten und weiterhin perfekten Fahrradwegen. Das Fahrrad hält, das Wetter auch. Seit wir losgefahren sind, hatten wir noch keinen einzigen Radtag mit Regenwetter. Hoffen wir, dass dies noch lange so bleibt.








Mit der grössten Wanderdüne in Nordeuropa und dem nördlichsten Punkt Dänemarks, wo Nord- und Ostsee zusammentreffen nehmen wir langsam Abschied von diesem wunderbaren Land. Die Fähre bringt uns von Frederikshavn nach Göteborg. Dänemark, wir sehen uns wieder!
2 Antworten
Liebe Simon und Marilyne
Wir haben heute euren spannenden Bericht gelesen und genossen. Schön, dass euch die Drohne noch nicht verlassen hat, die liefert ja wirklich tolle Bilder!
Ich hoffe, ihr habt die Überfahrt nach Göteborg ohne Seekrankheit überstanden und könnte fast wetten, dass ihr das Abendessen im Papa Joe’s gegessen habt. Ihr seht, ich bleibe euch auf den Fersen, auch wenn der Garmin sich nicht mehr meldet.
Bei uns ist die Hitzewelle vorerst durch Regen gebrochen, wir lüften im Moment das ganze Haus!
Weiterhin viel Vergnügen, eure strahlenden Gesichter auf den Bildern verraten alles!
Herzliche Grüsse Gerhard
Sehr schön, den Bericht zu lesen. Gönne euch das tolle Wetter, für mich nicht verwunderlich, ich treffe mehrheitlich auch auf solches!!! Danmark er wonderful, hver dag.
Weiterhin gute Tour, Gruss Märku