Süsser Duft liegt in der Luft. Ein Lastwagen wird mit zerquetschten Agaven beladen. Unser Blick zieht etwas träge hinten nach. Es ist kurz nach Mittag und wir sitzen beschwipst auf einer Sitzbank am Dorfplatz von Tequila.
Bevor es soweit kommen konnte, mussten wir jedoch unsere Pläne anpassen. Nach dem Flop mit dem „El Chepe“ begeben wir uns auf direktem Weg nach Mazatlán. Hier liegt der wichtigste Hafen zwischen San Francisco und dem Panamakanal. Eine Fähre von La Paz hierhin hätte es auch gegeben, aber jenu. Wir wollen nicht länger klagen. Für uns bietet die Stadt abgesehen von einem Hauptplatz mit imposanter Kirche und einem Leuchtturm nicht viel Interessantes. Mancherorts wird die Promenade am Strand als eindrücklich beschrieben. In der Tat zieht sich ein kilometerlanger Sandstrand zwischen Stadt und Meer. Dank einer angrenzenden vierspurigen Strasse verliert das Bild jedoch jeglichen Reiz. Es ist uns ein Rätsel, weshalb wir gerade hier wieder auf viele Touristen treffen. Mexiko bietet so viel Schöneres.
Weg von dieser Strandpromenade erkunden wir die Stadt einmal mehr zu Fuss. Nach dem Abstecher über den Hauptplatz befinden wir uns plötzlich zu Nahe am höchsten natürlichen Leuchturm der Welt, als das wir ihn einfach ignorieren könnten. Auch wenn der Weg noch lang ist und die Zeit zum Sonnenuntergang rapide schwindet, nehmen wir auch diese Strecke in Angriff. Um auch garantiert rechtzeitig auf dem Hügel anzukommen, benutzen wir klugerweise etliche Abkürzungen. Blöd nur, dass die letzte Abkürzung so aprupt an der Klippe endet, dass an ein Weiterkommen nicht mehr zu denken ist.
Kostbare Minuten später stehen wir wieder auf dem Weg. Zusammen mit vielen Einheimischen erklimmen wir den „Gipfel“. Offensichtlich ist es ein beliebter Punkt, um Abends noch etwas Sport zu betreiben. Oder ein kläglicher Versuch, die Neujahrsvorsätze zu halten. Denn auffallend viele Übergewichtige japsen am Wegrand nach Luft. Wieviele halten das wohl bis Ende Jahr durch? Gerade rechtzeitig erreichen wir die Aussichtsplattform. Auch wenn wir es nicht wirklich verstehen können, bestätigt ein auslaufendes Kreuzfahrtschiff die Wichtigkeit der Stadt.
Da verspricht die nächste Station schon deutlich mehr. Wir verbringen eine weitere Nacht im Bus. Wir waren uns schon zuvor bewusst, dass das Busfahren hier in Mexiko in einer anderen Liga spielt. Doch diese Fahrt ist mit Abstand die beste Nachtfahrt, die wir je hatten. 23 Plätze finden in einem Car Platz. 3 Sitze nebeneinander, jeder Sitz besitzt ein eigener Touchscreen mit Filmen, Musik und Spielen. Endlich genügend Beinabstand und dies trotz grosszügig verstellbaren Rückenlehnen. Mir kommt spontan eine Mexikanerin aus La Paz in den Sinn, die nicht verstehen konnte, weshalb wir nicht fliegen wollen. Einfach weil Überland reisen viel bequemer ist! Die achtstündige Fahrt nach Guadalajara vergeht dementsprechend wie im Flug.
Angekommen in der zweitgrössten Stadt Mexikos, realisieren wir wieder einmal, wie reiseerfahren wir unterdessen sind. Kein Wunder, unterdessen hat unser Tageszähler die 500er Marke durchbrochen. Mit dem Stadtbus geht es direkt bis vor das Hotel, welches sich als wahres Schmuckstück herausstellt. Ein kurzer Fussmarsch entfernt liegen die bedeutendsten Plätze und Gebäude der Grossstadt, welche alle mit einer Fussgängerzone verbunden sind. Lange Fussmärsche sind jedoch für einmal nicht angesagt. Mich hats, wie Lyne sagen würde, mit einer „Männergrippe“ ins Bett gelegt. Ich wehre mich gegen diesen Ausdruck und gegen die Grippe und lasse mich nicht kleinkriegen. Mit etwas Schmerzmittel im Körper erkunden wir am nächsten Morgen den Stadtteil „Tlaquepaque“. Die Fussgängerzone ist noch weihnächtlich geschmückt, gesäumt von schönen, farbigen Häusern. Viele kleine Marktstände reihen sich entlang der Strasse und machen den Boutiquen mit dem Kunsthandwerk das Leben schwer.
An diversen Ständen ist auch der weltweit bekannte Tequila zu kaufen. Knappe zwei Fahrstunden entfernt, liegt den auch das kleine Städtchen Tequila. Die Landschaft wird von unzähligen, blauen Agavefelder geprägt. Die Pflanze bietet die Grundlage des Schnapses. Bei der Ernte nach 8-10 Jahren wiegt eine solche Pflanze bis zu 60 Kilogramm.
Beim Besuch der weltgrössten Destillerie „José Cuervo“ erfahren wir, wie die Haupteinnahmequelle der Stadt und ein Markenzeichen von Mexiko gebrannt wird. Das Herz der Agave wird zuerst in einem Ofen 40 Stunden gedämpft, bevor es gehackt und gepresst wird. Nach dem Destillieren und Beifügen von Zucker wird so aus sieben Kilogramm Agave knapp einen Liter Tequila. Wir degustieren nach jedem Prozessschritt ein wenig. Als wir beim sechs Jahre im Fass gelagerten Schnaps ankommen, fühlen wir uns beide schon etwas beduselt. Mit vielen Eindrücken, neu Gelerntem, einer Flasche Tequila, zwei Shotgläsern und einem duseligen Kopf sitzen wir also da, auf der Sitzbank auf dem Dorfplatz. Und sinnieren darüber, ob es wohl Einheimische gibt, die sich einen Spass daraus machen, hier Nachmittag für Nachmittag angetrunkene Touristen zu beobachten.
Eine Antwort
Hoi zäme, schön u intresant gschriebe Simu dr Tequilla hilft Dir viellech e chli über Männergrippe.Lg usem winterliche Äntlibuech Esther u Jüre