Kauai – die Garteninsel

Sie gilt mit ihren stolzen sechs Millionen Jahren als die älteste aller Hawaiiinseln, und als die regenreichste. Tatsächlich gibt es auf der Welt nur noch einen Ort (in Indien) an dem mehr Niederschlag gemessen wurde als auf Kauai. Dank der üppigen Vegetation wird die Insel auch gerne mal als „die Garteninsel“ bezeichnet. Steht man am Fusse des Waimea Canyons, des Grand Canyon des Pazifiks, könnte man meinen, bei dieser Bezeichnung handle es sich um einen schlechten Witz. Die Landschaft hier ist trocken, dürr und steht in einem starken Gegensatz zur Na Pali Küste im Norden.

Nach einem kurzen Flug landen wir in Lihue. Mit unserem türkisfarbenen Mietauto gehts schliesslich Richtung Port Allen. Ein kleines Dorf an der Südwestküste Kauais, welches uns in den nächsten Tagen als Ausgangspunkt für Tagesausflüge dient. Auf dem „Honopu“-Wanderweg sind wir einmal mehr abseits des Touristenpfades unterwegs. Und das ist bereits nach den ersten hundert Metern ersichtlich. Der Pfad ist weder ausgeschildert noch ausgetrampelt. Blöd nur, haben wir unsere Machete im Auto vergessen. Farn hängt sich an unsere Waden, umgefallene Bäume versperren uns den „Weg“. Aber wir sind ja schliesslich nicht von schlechten Eltern. Mit geschärften Sinnen und einer Leichtigkeit zweier Steinböckli hüpfen wir durch den dschungelartigen Wald. Und dann das: Bei einer steilen Passage, mit überdurchschnittlich vielen nassen Wurzeln, lässt das Konzentrationsvermögen von Simon abrupt nach. Ein Fehltritt später höre ich ihn ächzend und jaulend 5 Meter weiter unten. Kleinere Schürfungen an Oberschenkel und Händen sind das Ergebnis dieser grandiosen Showeinlage. Die überwältigende Aussicht tröstet später aber über jedes noch so kleine Wehwehchen hinweg. Uns liegt die berühmte Na Pali Küste förmlich zu Füssen. Diese diente bereits in etlichen Filmen als Kulisse.

Uns soll sie Tage später als Wanderregion dienen. Frühmorgens ist der Pfad noch einigermassen in Schuss. Und wir sind es auch. Nach unserer ersten Wandererfahrung auf der Insel stellt sich das hier sowieso eher als Wellness für unseren Körper heraus. Aufgrund der (noch) fehlenden Menschenmassen kommen wir voll und ganz auf unsere Kosten. Bei strahlendem Sonnenschein geniessen wir die Natur. Die Aussicht auf die Küste gleicht einem Bild auf einer Postkarte. Der Wald leuchtet in einem saftigen Grün, das Meer glitzert uns türkisfarben entgegen. Selbst die Riffkante ist von hier oben ersichtlich. Das einzig Störende sind die vielen Helikopter und Motorboote, welche den Touris die Natur auf diese Weise näher bringen wollen. Es scheint ein wirklicher Wettbewerb zu sein. Na ja, jedem das Seine. Glücklicherweise haben wir genügend Zeit einen Teil der Küste zu Fuss zu erkunden. Beim Hanakapi’ai Strand biegen wir in Richtung Wasserfall ab. An ein Weiterkommen der Küste entlang, ist ohne Permits nicht zu denken. Diese Genehmigungen sind bereits über Monate im Voraus vergriffen. Also marschieren wir dem Wasserfall entgegen. Der Weg wird anspruchsvoller, einige Kletterpartien sind nötig. Wir überqueren den Fluss noch drei Mal ehe wir unser Ziel erreichen. Der Wasserfall ist echt nicht ohne und glaubt mir, es braucht mittlerweile relativ viel, damit mich ein Wasserfall beeindrucken kann. Auf dem Rückweg begegnen wir einigen Flip-Flop-Piraten, wie wir die Menschen mit falschem Schuhwerk auf richtigem Wanderweg höflich nennen. Die Laune jener scheint mindestens so tief gesunken wie deren Flip-Flop im Matsch..
Schon bei anderen Campingplätzen auf Kauai sind uns einige zwielichtige Gestalten aufgefallen. Beim letzten Übernachtungsplatz scheinen wir den Höhepunkt aber erreicht zu haben. Die Tatsache, dass einem Touristen während der Nacht zuvor Benzin aus dem Tank abgepumpt wurde, erheitert unseren Gemütszustand reichlich wenig. Lange überlegen wir, was für eine Alternative wir haben. Nichts scheint wirklich das Gelbe vom Ei zu sein. Während sich andere Camper nach der erhaltenen Nachricht aus dem Staub machen, spielen wir die letzte Nacht auf Kauai ein bisschen Sherlock Holmes. Tapfer beobachten wir abwechslungsweise die Geschehnisse rund um unser Zelt und unser Auto. Was passiert, ist schnell erzählt. Mit dem Finger auf dem Alarmknopf des Autoschlüssels verbringe ich die ersten drei Stunden. Und dann das: Zwei wilde Katzen suchen im Abfalleimer nach etwas Essbarem. Eine Frau läuft mit einer Taschenlampe bewaffnet, den spärlich beleuchteten Weg entlang. Ein junger Mann fährt in seiner Klapperkiste auf dem selben Weg, in entgegengesetzter Richtung, wendet und fährt langsam wieder an unserem Zelt vorbei. Auch wenn sich wirklich seltsame Gestalten herumtreiben, uns und unserem Gefährt passiert nichts! Ob es daran liegt, dass wir uns stets bemerkbar gemacht haben, sei dahingestellt.

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