Von Höhlen und Tunneln

Es steht ein Ausflug in eine Tropfsteinhöhle auf dem Programm. Wir mieten einmal mehr ein Moped und fahren ins 40 Kilometer entfernte Son Trach. Nun stehen wir an der Kasse um Eintrittstickets für die Tien Son Höhle zu ergattern und kommen nicht weiter. Es sei nicht möglich die Höhle zu begehen.
Ich erwarte in einem Land wie Vietnam keine grenzenlose Ehrlichkeit. Lügt man mir jedoch mitten ins Gesicht und stellt sich dabei so ungeschickt an, dass ichs bemerke, kann ich schon ganz schön ungemütlich werden. Da einige Sekunden vor uns Touristen Tickets für beide Höhlen gekauft haben, bin ich mir sicher, dass der Eintritt auch in beiden gewährt wird. Die Dame an der Kasse will uns jedoch vom Gegenteil überzeugen. Bestimmt verlange ich die Eintrittstickets und lege das Geld hin. Und plötzlich ist es möglich…

Wir teilen die Höhle lediglich mit tausenden Stalaktiten, Stalagmiten und einigen Fledermäusen. Wahnsinnig eindrücklich, wenn man bedenkt wie lange es dauert, bis solche Kalksteinformationen entstehen. Ungefähr 100 Jahre benötigt ein Tropfstein um eine Grösse zwischen 8 und 15 Milimetern zu erlangen. Die Grösse dieser hier können wir nur erahnen. Dieser Anblick und die Tatsache, dass wir dem Touristenstrom einmal mehr entfliehen konnten, lässt die vorangegangene Diskussion schnell vergessen.

Am nächsten Tag besuchen wir eine Stadt mit dem Namen Vinh Moc. Es ist keine gewöhnliche Stadt, denn hier kann man weder bummeln noch Kaffee trinken. Sie bietet Unterschlupf für ungefähr 60 Familien, ca. 300 Menschen. Im Allgemeinen ist es sehr dunkel und eng. Beengend ist auch das Gefühl, als wir durch die Stadt gehen. Wir marschieren an einem Spital vorbei, indem zwischen 1966 und 1972 insgesamt 17 Kinder geboren wurden.
Nach dem Rundgang besuchen wir ein kleines Museum, welches über die Geschehnisse und das Leben in Vinh Moc Aufschluss gibt.

Plötzlich steht ein kleiner Mann in gebückter Haltung vor uns. Wir schätzen ihn auf Ende Vierzig und vermuten, dass er weder sprechen noch hören kann. Immer wieder zeigt er aufgeregt mit einem Stock auf ein Foto. Ein Kleinkind mit einem Gewehr in der Hand ist zu sehen. Unmissverständlich macht er uns klar, dass es sich beim Dreikäsehoch um ihn handelt. Er ist eines dieser 17 Kinder welches hier geboren wurde. Hier in den Tunneln von Vinh Moc, einer unterirdischen Stadt, die der Bevölkerung während dem Vietnamkrieg Schutz bot. Das Tunnelsystem, welches sich über 2.8 Kilometer ausdehnt, ist auf drei Ebenen aufgeteilt. Die oberste Ebene diente als Lebensraum, wo sich die Familien zurückziehen konnten. Die zweite war als Waffen- und Nahrungslager vorgesehen und die dritte, welche sich in ca. 22 Metern Tiefe befindet, diente als Rückzugsraum bei Bombenangriffen.

Wir verlassen diesen geschichtsträchtigen Platz mit gemischten Gefühlen und fahren nach Truong Son.
Steine wohin das Auge reicht. Überall. In Reih und Glied. Alle sehen gleich aus. Schön gepflegt. Wieder wird mir mulmig. Künstliche Blumen, Kerzen und abgebrannte Räucherstäbchen zieren die ca. 13’000 Gräber der im Vietnamkrieg gefallenen Soldaten. Die Vietnamesen glauben, dass nur diejenige Seele nach dem Tod die Ruhe findet, deren Hülle beerdigt wurde. Aus diesem Grund wurden auch Soldaten beerdigt, deren Angaben gänzlich ungewiss sind.

Die Geschichte Vietnams ist bedrückend und beeindruckend zugleich. Auch wenn es etwas „harte Kost“ war, das Erlebte werden wir so schnell nicht vergessen..

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Eine Antwort

  1. Wirklich imposant! – Wir hoffen euch geht’s gut und wünschen auch weiterhin alles Gute und viel Gesundheit auf eurer Reise. Lg Karin und Mathias

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