Die Scheinwerfer des entgegenkommenden Autos blenden direkt in den Car. Dazu kommen Lichthupen, das Auto ist nicht einmal mehr 20m entfernt. Unser Buschauffeur fährt mit derselben Geschwindigkeit auf der mehrbesseren Landstrasse weiter und ändert an seinem Fahrstil nichts. Der Blinker nach rechts tickt seit einer Minute.
Während wir uns zu Beginn unserer Fahrt von Bagan zum Inle Lake noch fragen, was dieses Verhalten soll, kommen wir zum Schluss: Das muss so sein. Die Fahrer machen sich so aufeinander aufmerksam, während der gesetzte Blinker dem nachfolgenden Fahrzeug signalisiert: Nicht überholen! So werden wir während unserer knapp 10-stündigen Fahrt immer wieder ziemlich geblendet. In den vordersten Sitzreihen zu sitzen hat hier durchaus auch Nachteile.
Um 5 Uhr morgens erreichen wir die Stadt Nyaung Shwe, nördlich des Inle Lakes. Unterkünfte gibts hier wie Sand am Meer. Betten nicht, wie wir nach dem gefühlt zehnten Hotel bemerken müssen. No bed, full booked these days, ist die gängigste Antwort. Mit etwas Glück werden wir doch noch fündig. So können wir trotz der frühen Morgenstunden unser Zimmer beziehen, während die Besitzerin wieder schlaftrunken Richtung Bett torkelt. Der Grund für die Bettenknappheit ist schnell gefunden. Jeweils zum Ende der Regensaison wird bei Vollmond gefeiert. Eines der grössten Festivals findet in diesen Tagen in der nächsten Stadt „Taunggyi“ statt: Das Fire-Balloon-Festival oder auch Festival of Lights genannt. Die Menschenmasse ist gewaltig, das Festival ähnelt einem europäischen Musikfestival. Diverse Bühnen wurden aufgestellt, überall stehen Markt-/Ess- und Trinkstände. Die Ballone müssen wir erst einmal suchen. Nur knapp jede halbe Stunde wird ein Ballon in den Himmel geschickt. Während die einen mit hunderten Kerzen bestückt sind, hängen an anderen Kisten voller Feuerwerk, welches normalerweise in luftiger Höhe explodieren. Nicht selten kommt es dabei aber zu schweren Unfällen, weil sich die Kiste vom Ballon löst oder schlicht zu früh losgeht. Auch dieses Jahr sind mehrere Menschen ums Leben gekommen. Da hilft auch ein einsatzbereites Feuerwehrauto nichts.
Der Inle Lake ist bekannt für seine Fischer. Während sie mit dem einen Bein auf dem Boot balancieren, umschlingen sie mit dem anderen das Paddel. So haben sie beide Hände frei um zu fischen. Dieses Schauspiel wollen wir uns nicht entgehen lassen. Während wir uns am Steg nach einem Boot umsehen, können wir uns vor Angeboten kaum retten. Beinahe geraten wir in die Fänge eines Abzockers. Noch rechtzeitig fordern wir die Anzahlung wieder zurück, um beim nächsten Böötlimann dieselbe Tour für den halben Preis erneut zu buchen.
Pünktlich zum Sonnenaufgang (welchen wir wegen der vielen Wolken leider nicht sehen) fahren wir auf den See. Die ersten Fischer warten bereits. Aber nicht auf Fische, sondern auf Touris. Da wird posiert was das Zeug hält – ich behaupte, dass diejenigen besser posieren als fischen können…
Wir werden auf der für Touristen vorbereiteten Route rumkutschiert und an den verschiedensten Orten wie Gold- und Silberschmieden, Weberinnen, Bootsbauer und Handwerkern abgeladen. Die eigens dafür gelernten Sätzli auf Englisch werden heruntergeleiert, immer in der Hoffnung, doch noch etwas verkaufen zu können. Irgendwie nicht so unser Ding und ein Fischerboot hätte im Rucksack eh nicht platz. Die Bootsfahrt auf dem See entspricht uns schon eher. Obwohl der See mehr einer Kloake gleicht und der Schiffsverkehr enorm ist. Wir sind froh, logieren wir nicht in einem dieser überteuerten Luxushotels direkt an der Brühe.
Während uns der Fahrtwind um die Ohren pfeift, plagt uns das schlechte Gewissen. Klagen doch die Fischer immer häufiger über kaputte Fischernetze.
Während eines Abends in einer Bar kommen wir mit einem jungen Myanmaresen ins Gespräch. Wir sprechen ihn auf die Fragen an, welche wir uns auf dem Schiff nach Bagan gestellt haben. Seine Antwort ist eindeutig. Für sie ist der Wechsel von Burma zu Myanmar ein Zeichen des Fortschritts. Er bezeichnet sich als Myanmare, die Sprache als Myanmaresisch.
Der Namenswechsel, welcher durch das Militär vollzogen wurde, zeigt also seine Wirkung. Die Bevölkerung sollte sich dadurch selbstbewusster fühlen, das Land als Einheit sehen und die Kolonialzeit endgültig hinter sich lassen können.
Ach und ja, an einem Intelligenztest halten wir auch ein paar Tage später in anbetracht diverser Touristen fest!